Gleich vorweg: ich bin kein religiöser oder gläubiger Mensch. Ja, der Name Kali bezieht sich auf die indische Göttin, allerdings eben nicht auf religiöse Weise, sondern auf eine für mich rein symbolische
Kali wird als sehr ungewöhnliche Göttin angesehen, da sie nicht verheiratet und sehr eigenständig ist, zudem auch grausam und blutrünstig sein kann, sowie unersättlich und kriegerisch.
Dem Glauben nach ist sie nicht nur die Göttin des Todes, sondern auch der Erneuerung. Die Sichel in ihrer Hand kann nicht nur als tödlich interpretiert werden, sie wird auch als Werkzeug der Erlösung angesehen; mit ihr soll sie Verwirrung, Unwissenheit und Bindungen zerschneiden und so den Weg zur Erlösung freimachen. Sie gilt damit als Zerstörerin negativer Kräfte und Einflüsse, die den Menschen an Heilung und an der Befreiung ihres Geistes hindern. Sie wird als göttliche Mutter und Beschützerin der Menschen angesehen, deren zerstörerische Wut sich gegen Dämonen und Ungerechtigkeit richtet.
Ich persönlich kann mich mit ihrer Beschreibung sehr stark identifizieren. In der heute doch sehr fortschrittlichen Welt ist es keine Seltenheit, mit über 30 noch nicht verheiratet zu sein und auch meine Eigenständigkeit ist heutzutage nichts Ungewöhnliches mehr, das sind eher so Kleinigkeiten am Rande. Alles weitere seh ich, wie gesagt, nur symbolisch...
Ich bin zwar nicht wörtlich gesehen grausam und blutrünstig, aber kann durchaus sehr bösartig und fies werden; meine Emotionen kochen rasch über, vor allem negative, und dann kann es leicht passieren, dass ich die Fassung verlier. Wobei es vor allem Wut, Zorn und Aggression sind, die ich am häufigsten und am intensivsten spüre und dann auch deutlich nach außen zeige. Unersättlich passt für mich sehr gut zu meiner Essstörung, die sich in Form von teils massiven unkontrollierten Fressanfällen äußert. Und auch kämpferisch passt gleich auf mehrere Weise. Zum einen bin ich sehr unnachgiebig; wenn ich mir was in den Kopf setz, dann soll und muss das auch so sein. Zum anderen bin ich aber auch jemand, der nicht so leicht aufgibt. Ich kämpf für das, was mir wichtig ist, lass mich nicht unterkriegen. Gerade in Bezug auf meine Psyche: aufgeben ist keine Option!
Ich seh in ihrer Beschreibung aber auch deutliche symbolische Parallelen generell zu psychischen Erkrankungen. Vor allem in Bezug auf Erlösung, Erneuerung, durchschneiden negativer Einflüsse, Heilung – ist es denn nicht im Grunde genau das, das wir Betroffenen uns wünschen? Erlösung und Heilung? Frei von Sorgen und Problemen leben zu können?
Wir kämpfen auch tagtäglich gegen unsere eigenen, inneren Dämonen und gegen Ungerechtigkeiten (Vorurteile, Vorwürfe, Stigmatisierung).
Hinzu kommt diese Kombination aus göttlicher Mutter und Göttin des Todes; also die, die Leben gibt aber es auch wieder nimmt. Diesen inneren Zwiespalt zwischen Leben und Tod kennen auch zu viele von uns; diese Gedanken, nicht mehr leben zu wollen auf der einen Seite und zugleich auch nicht sterben zu wollen auf der anderen.
Das alles ist natürlich nur meine eigene Interpretation, die sich in meinem Kopf gebildet hat, als ich die Beschreibungen von Kali gelesen hab. Ich hab den Namen gewählt, weil es für mich persönlich entsprechende Verbindungen gibt, die nicht zwangsläufig für jeden nachvollziehbar sein müssen. Ich weiß, dass meine Gedanken und Sichtweisen zuweilen etwas kompliziert oder einfach anders sein können. Ich wollte einen individuellen Titel, der für mich einen tieferen Sinn ergibt und hoffe, dass ich diesen halbwegs gut erklären konnte.